Was tun, wenn Menschen mit einer Demenz nicht gerne und zu wenig essen?
Die Schülerinnen und Schüler des 2. Ausbildungsjahres der Berufsfachschule für Altenpflege gingen dieser Frage nach. Die körperlichen Folgen sind oft Untergewicht oder Mangelernährung und ziehen gesundheitliche Probleme nach sich. Essen und Trinken ist jedoch mehr als nur Nahrungsaufnahme. Der Genuss von wohlschmeckenden Speisen und Getränken trägt vor allem zur Lebensqualität eines Menschen bei.
Ausgangspunkt für die Aufgabe war eine praxisnahe Lernsituation. Frau C., aufgewachsen im ländlichen Raum des Schwarzwalds, hat aufgrund ihrer Alzheimer- Demenz ein großes Bewegungsbedürfnis und nimmt stark ab. Im ersten Schritt wurden von den Schülerinnen und Schülern ihre Problembereiche mit Hilfe eines professionellen Systems erfasst. Im zweiten Schritt erkundeten die Schülerinnen und Schüler der 3BFA2 in der Fachliteratur und in aktuellen Studien, wie eine Mahlzeit für Frau C. zu einer sinnlichen und verlockenden Angelegenheit werden kann. Am 16. November 2012 stellten Sie die Ergebnisse ihrer Erkundungen vor. Alternativ zur „breiigen“ Kost wurden vollwertige und wohlschmeckende Speisen in Form von gekochtem Gemüse, Kartoffeln, Nudelsalaten und belegten, weichen Schnittchen gesucht. In einer Verkostung konnten die geschmacklichen Qualitäten gleich unter Beweis gestellt werden. Um den Geschmack und die kulturellen Hintergründe der älteren Menschen kennen zu lernen, wurden Fragebögen für eine Ess- und Trinkbiografie erstellt. In Rollenspielen stellten die Teams eindrücklich dar, wie man mit älteren Menschen und ihren Angehörigen ins Gespräch kommen kann.
Eine weitere Arbeitsgruppe präsentierte, in Anlehnung an den Koch Markus Biedermann, geeignetes Fingerfood, das auch im Rahmen von „Eat by walking“ eingesetzt werden kann. Dies soll vor allem Menschen mit einer Demenz, die gerne „unterwegs“ sind, auf ihrem Weg zum Naschen verlocken. Besonderen Wert legten die Schülerinnen und Schüler auf eine appetitliche und übersichtliche Präsentation der Häppchen. Dass die Umgebungsgestaltung und das Ambiente während der Mahlzeiten eine wesentliche Rolle spielen, zeigte eine Gruppe in einem Rollenspiel. Entsprechend der Lebenswelt von Frau C. wurde der Esstisch rustikal eingedeckt. Mit einem Schwarzwälder Vesper, biografisch ausgewählter Hintergrundmusik, Vesperbrettchen und vor allem mit dem fürsorglichen Umgang der Tischnachbarin und der Altenpflegerin wurde Frau C. zum Essen und Trinken verlockt. Eine gute Sitzhaltung, das richtige Geschirr und entsprechende Hilfsmittel tragen entscheidend zur Selbständigkeit bei. Dies zeigte eine weitere Gruppe auf.
Das Team „Anreicherung der Lebensmittel“ beeindruckte durch eine Verkostung von industriell hergestellter, hochkalorischer Flüssignahrung im Vergleich zu einem selbst hergestellten Frühstück als „Smoothfood“. Bei dieser, aus der aus der Sterneküche entlehnten Methode der Molekularküche, werden Lebensmittel stark zerkleinert und dann mittels eines Sahnesiphons aufgeschäumt. Das Frühstück in Schaumform schmeckte wider Erwarten köstlich und machte somit geschmacklich im Vergleich zur industriell hergestellten Zusatznahrung eindeutig das Rennen. Wir danken dem Koch vom Seniorenzentrum der AWO in Schwenningen für die Kostprobe! Nicht zuletzt zogen Düfte von frisch gebackenen Waffeln durch das Schulhaus. Die Frauen des Teams „Kochen am Bett“ stellten eindrücklich dar, wie durch vertraute Gerüche und durch das Erfühlen von Lebensmitteln wie Eier oder Kartoffeln, auch Menschen mit starken kognitiven Beeinträchtigungen angesprochen werden können. Die Nahrungszubereitung mit ihren Düften ist für den Menschen von Kindheit an eine basale Erfahrung. Wer könnte da also noch widerstehen? Naschen erwünscht!